24
Sep
2009

Georg Trakl: Das schönste Innsbruck-Gedicht (vor rund 100 Jahren, 1912, geschrieben)

Vorstadt im Föhn

Am Abend liegt die Statte öd und braun,
Die Luft von gräulichem Gestank durchzogen.
Das Donnern eines Zugs vom Brückenbogen -
Und Spatzen flattern über Busch und Zaun.

Geduckte Hütten, Pfade wirr verstreut,
In Gärten Durcheinander und Bewegung,
Bisweilen schwillt Geheul aus dumpfer Regung,
In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid.

Am Kehricht pfeift verliebt ein Rattenchor.
In Körben tragen Frauen Eingeweide,
Ein ekelhafter Zug voll Schmutz und Räude,
Kommen sie aus der Dämmerung hervor.

Und ein Kanal speit plötzlich feistes Blut
Vom Schlachthaus in den stillen Fluß hinunter.
Die Föhne färben karge Stauden bunter
Und langsam kriecht die Röte durch die Flut.

Ein Flüstern, das in trübem Schlaf ertrinkt.
Gebilde gaukeln auf aus Wassergraben,
Vielleicht Erinnerung an ein früheres Leben,
Die mit den warmen Winden steigt und sinkt.

Aus Wolken tauchen schimmernde Alleen,
Erfüllt von schönen Wägen, kühnen Reitern.
Dann sieht man auch ein Schiff auf Klippen scheitern
Und manchmal rosenfarbene Moscheen.

Wohin geht Innsbruck?

Innsbruck ist eine lebenswerte und auch liebenswerte Stadt. Aber in den letzten beiden Jahren ist eine Stagnation eingetreten, die ihre Ursache in einigen Fehlentscheidungen der Politik hat.
Die Verlegung des Rundgemädes ins neue Bergisel-Museum ist eine Untat, die sich noch rächen wird. Wer ein Stück Stadtgeschiche verschwinden lässt, lässt auch ein Stück Identität verschwinden und trägt zu einer weiteren Verwahrlosung im geistigen Bereich bei.
Nichts hätte die Verantwortlichen daran gehindert, das Gemälde und den Bau zu restaurieren und endlich eine Werbung dafür zu machen, die europaweit einzigartige Schätze gemeinsam zeigt:
Das Grabmal Kaiser Maximilians mit den Figuren in der Hofkirche gemeinsam mit der Hofburg und dem Goldenen Dachl und dem Riesenrundgemälde als Relikte einer Vergangenheit, die europäisch wie auch tirolerisch ist.
Nichts ist geschehen.
In der Gegenwart und Zukunft hätte man Innsbruck als Kulturstadt mit dem Landestheater, den Festwochen der Alten Musik und den kleinen, aber feinen Kulturinitiativen gemeinsam bewerben können. Zwischem der Galerie im Taxispalais und der Modenen Galerie im Landesmuseum hätte sich, nur ein Beispiel, ein Bogen spannen lassen - zwischen Egger-Lienz und Lois Weinberger, nur um zwei zu nennen, die vom 20. Jahrhundert ins 21. Jahrhundert führen.
KS Brigitte Fassbaender führt das Landestheater im Bereich der Musik zu Europa-Spitzen und die Nominierung von Herrn Jeschek für den Nestroy-Preis zeigt, dass auch das Schauspiel bestens ist.
Was hat die Kulturpolitiker daran gehindert, die Festwochen der Alten Musik in die Theater- und Orchester-GmbH einzugliederen und als selbstständigen Pol agieren zu lassen.
Drei Aufführungen von Alten Opern, reicht das? Sollten nicht einige von ihnen, soferne es sich nicht um sinnlose Exhumierungen von kaum spielenswerten Werken (nicht umsonst sind sie in der Versenkung der Musikgeschichte verschwunden), im Landestheater ins Programm genommen werden?
Was ist mit dem Museum für Moderne Kunst?
Das sind nur Kultur-Perspektiven, wenige, aber wichtige.

Der zweite Punkt:
Innsbruck ist keine soziale Stadt: Die geringsten Einkommen und die höchsten Lebenshaltungskosten treiben die Menschen in die Armutsfalle, Menschen aller Generationen.
Die Besäufnisse von jungen Menschen in der Innenstadt und jene der älteren in den Gasthäustern sind die Spitze eines Psycho-Eisberges, der von einem Leiden am sinnlosen Leben zeugt.
Der Städtetourismus mit den Eineinhalb-Tages-Touristen, wenn überhaupt, verhindert die wichtige Kommunikation zwischen Einheimischen und Gästen. Wer nur flüchtig in der Stadt weilt, kann weden von den Innsbruckern etwas erfahren noch können die Innsbrucker irgendetwas von den Gästen lernen.
Abcashen, wegfahren und fertig. Das ist nicht die Zukunft des Tourismus.
Haben die Innsbrucker ein Innsbruck-Gefühl?
Ja, sicher, aber es gibt zu viele "Abers", die dieses mit verhindern.
In diesem Tagebuch-Blog formuliere ich einfache Gedanken zu einfachen Themen, die aber komplex und kompliziert geworden sind.
Ich liebe Innsbruck.
Die Stadt ist meine Heimat, von Kindheit an.
Ich möchte nicht nostalgisch sein. Ich möchte mein Innsbruck zurück, das Lebenswelt für die InnsbruckerInnen ist.
Solange ich noch lebe, denn mit 66 kommt das Ablaufdatum immer näher. Mit jedem Tag.
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Winfried Werner Linde

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